Trendthema Wirtschaft News
Ekkehard Böhm, Geschäftsführer der Tillmann Gruppe und Vorsitzender der European Cold Rolled Section Association (ECRA) - Photo: Tillmann Gruppe
11.01.2022

Mit Rollformen die Klimaziele erreichen

Rollgeformte Stahlprofile sind die bevorzugte Wahl, wenn es um Energieeffizienz, Klimafreundlichkeit und Ressourcenschonung geht. Durch die äußerst positive Energiebilanz des Rollformverfahrens und die hundertprozentige Recyclingfähigkeit von Stahl sind rollgeformte Profile sowohl preiswert als auch zukunftsfähig und erfüllen die aktuellen EU-Forderungen für nachhaltige Produkte.

Die gesamte Zulieferindustrie sieht sich derzeit mit explosionsartigen Kostensteigerungen bei Strom und Gas konfrontiert. Besonders hart trifft es Hersteller energieintensiver Produkte oder Betriebe mit wenig energieeffizienten Verfahren. Das Rollformverfahren punktet hier mit seiner sehr guten Energieeffizienz und äußerst positiven Umweltbilanz. Zudem liegt der Materialausnutzungsgrad nahe hundert Prozent.

Stoffkreisläufe für die Klimaziele
Um die herausfordernden Klimaziele zu erreichen, hat die Europäische Kommission eine Rechtsetzungsinitiative für eine nachhaltige Produktpolitik auf den Weg gebracht, damit bestimmte Produkte so entwickelt werden, dass sie immer wieder in den Stoffkreislauf eingeschleust werden können. Auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) zielt mit seiner Initiative Circular Economy darauf ab und fordert u.a. eine Dekarbonisierung der Produkte. Das heißt, neben der konsequenten Vermeidung bzw. Kompensierung von CO2-Emissionen sollen Produkte und Materialien künftig in die Stoffkreisläufe nahtlos ein- und ausgeschleust werden können.

„Die entsprechenden Vorgaben sollen einerseits die Energieeffizienz während der Produktion und des Betriebs steigern. Andererseits sollen Produkte langlebig sein, wiederverwendet und recycelt werden können“, erläutert Ekkehard Böhm, Geschäftsführer der Tillmann Gruppe und Vorsitzender der European Cold Rolled Section Association (ECRA).

Gefordert sei ein Mix aus innovationsgetriebenen Verbesserungen für Produkte der Circular Economy und gemeinsamen Standards für ein nachhaltiges Produktdesign.

„Dabei kann der Einsatz von Rohstoffen wie Stahl, Edelstahl oder anderen Metallen, die durch die hochwertige Verwertung von Abfällen zurückgewonnen werden, nachweislich einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen leisten“, hebt Böhm hervor.

In der zurückliegenden Legislaturperiode hatte die Bundesregierung mit einer Änderung des § 45 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) bereits verschärfte Prüfpflichten zum Einsatz von Materialien aus der Kreislaufwirtschaft durch die Vergabestellen festgeschrieben. Die Europäische Kommission plant nun im Rahmen ihres Green Deal, in industriespezifischen Rechtsvorschriften verbindliche Mindestkriterien und Zielvorgaben für die umweltorientierte öffentliche Beschaffung vorzuschlagen.  

Rollformen mit hervorragender Energieeffizienz
„Insgesamt kann man feststellen, dass die Rollformindustrie auf die geplanten Gesetzesvorgaben gut vorbereitet ist“, erklärt Martin Kunkel, Geschäftsführer der ECRA. „Da der Materialverbrauch und das Gewicht der Werkstücke gering sind, ist Rollformen ein Umformverfahren, das im Vergleich zu konventionellen Verfahren die Produkteigenschaften ressourcenschonend verbessert.“

Der Materialverlust ist im Vergleich zu beispielsweise spanend hergestellten Bauteilen deutlich geringer. Aufgrund der Kaltverfestigung erreichen rollgeformte Werkstücke mit geringeren Materialstärken vergleichbare mechanische Festigkeiten. Neben zahlreichen gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich Klimaneutralität macht vielen Betrieben der Stahl- und Metallerzeugung der aktuelle Energiepreisanstieg zu schaffen. Für einige Unternehmen ist er gar existenzbedrohend.

„Hier kommt die Rollformbranche mit ihren kaltgeformten Stahlprofilen noch vergleichsweise gut durch diese Energiekrise“, betont Martin Kunkel. „Denn bei dem zum Kaltwalzen gehörenden Umformverfahren entfällt die Erwärmung des Halbzeuges, was zu einem relativ geringen Gesamtenergiebedarf führt.“

Neben der Energie für das eigentliche Umformen selbst wird Energie lediglich noch für die Reibungsvorgänge und die Beschleunigung der Massen von Werkstückprofil, Werkzeugen und Maschinenbestandteilen verbraucht. Zudem wirken sich bei dem kontinuierlichen Prozess die mitfahrenden Werkzeugkomponenten und die kleinen Kontaktflächen während der Beschleunigungsvorgänge positiv auf den energetischen Wirkungsgrad aus. 

Ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft
Rollformen zeichnet sich außerdem durch eine hohe Flexibilität im Prozess, eine große Variabilität der Endprodukte und durch niedrige Werkzeugkosten aus. Im Gegensatz zu den Tiefziehverfahren oder der konventionellen Blechbearbeitung sind mit dem Rollformen sehr komplexe, dünnwandige und trotzdem hoch belastbare Profile in allen erdenklichen Designs und Querschnittsformen und vor allem in jeder beliebigen Länge hochgenau und extrem schnell herstellbar. Selbst hochfeste Stähle können durch Rollformen verarbeitet werden, was besonders im Leichtbau von Vorteil ist. Auch zusätzliche Funktionalitäten wie zum Beispiel Gewinde, Verkröpfungen, Prägungen, Aussparungen oder Anarbeitungen sind möglich. Die Fertigungstiefe ist entsprechend hoch. Verfahrensbedingt ist die Materialausnutzung sehr hoch, denn es fallen nur Reste beim Einfahren in die Rollprofilieranlage sowie Stanzreste an, die bei Stahlprofilen sogar zu hundert Prozent und ohne Qualitätsverlust recycelt werden können. Anwendung finden rollgeformte Profile u.a. im Aufzugsbau, bei Fahrtreppen, als Fassadenprofile, für Rolltore, in Autowaschanlagen, für Regale und LED-Lichtsysteme, als Schubladenauszüge, bei Solaranlagen oder Spielzeug-Autorennbahnen.

(Quelle: ECRA – European Cold Rolled Association)

 

 

 

Schlagworte

AnarbeitungAnlagenBlechBlechbearbeitungBundCO2CO2-EmissionenDekarbonisierungECRAEdelstahlEmissionenEnergieEnergieeffizienzEUGetriebeIBUIndustrieINGInnovationKaltwalzenKlimaKlimazielKlimazieleKreislaufwirtschaftLEDLeichtbauPolitikProduktionProfileRecyclingRohstoffeStahlUmformenUmweltUnternehmenWalzenWirtschaftZulieferindustrie

Verwandte Artikel

Grafik der SALCOS-Direktreduktionsanlage. Im Hintergrund das Stahlwerk der Salzgitter AG.
29.04.2024

Steuler mauert DR-Anlage bei SALCOS feuerfest aus

Steuler hat den Auftrag für die komplette feuerfeste Ausmauerung der DR-Anlage im Rahmen von SALCOS erhalten. Die Gruppe hat sich bereits vor Jahren als Technologiepartne...

Anlagen CO2 Dekarbonisierung Direktreduktion Emissionen Erdgas EU IMU Industrie ING KI Klima Produktion Roheisen Salzgitter Salzgitter AG Stahl Stahlherstellung Stahlindustrie Stahlproduktion Temperatur Transformation Wasserstoff Wasserstoffbasiert Werkstoff Werkstoffe
Mehr erfahren
26.04.2024

Tatas Service Center ist CO₂-neutral für Scope 1 und 2

Tata Steel Nederlands Service Center in Gelsenkirchen hat CO₂-Neutralität in seinen Produktionsprozessen für Scope-1- und Scope-2-Emissionen erreicht.

Automobil Bauindustrie Blech Bleche Bund Coils Deutschland Emissionen Energie Essen EU IJmuiden Industrie ING KI Kreislaufwirtschaft Nachhaltigkeit Niederlande Produktion Produktionsprozess Profile Rohre Service Stahl Stahlcoil Stahlunternehmen Tata Steel Transport Umwelt Unternehmen Wirtschaft Zertifikat
Mehr erfahren
26.04.2024

EPCG erwirbt 20 Prozent am Stahlgeschäft von thyssenkrupp

Die thyssenkrupp AG und die EP Corporate Group a.s. (fortlaufend EPCG) haben sich am 26.04.2024 auf eine Beteiligung von EPCG am Stahlgeschäft von thyssenkrupp geeinigt.

Anlagen Anlagen Aufsichtsrat Aufsichtsrat Bramme Bramme Bund Bund CO2 CO2 CO2-neutral CO2-neutral Dekarbonisierung Dekarbonisierung Deutschland Deutschland Direktreduktion Direktreduktion DSV DSV Duisburg Duisburg Energie Energie Erdgas Erdgas Essen Essen EU EU Gesellschaft Gesellschaft Handel Handel Industrie ING ING Investition Investition Joint-Venture Joint-Venture Klima Klima Klimaschutz Klimaschutz Kooperation Kooperation Marktbedingungen Marktbedingungen Partnerschaft Partnerschaft Produktion Produktion Projektmanagement Projektmanagement Rohstoffe Rohstoffe Schmelze Schmelze Stahl Stahl Stahlindustrie Stahlindustrie Stahlproduktion Stahlproduktion Stahlunternehmen Stahlunternehmen Thyssenkrupp AG Thyssenkrupp AG Thyssenkrupp Steel Europe Thyssenkrupp Steel Europe Transformation Transformation Transformationsprozess Transformationsprozess Unternehmen Unternehmen USA USA Vereinbarung Vereinbarung Wasserstoff Wasserstoff Wasserstoffbasiert Wasserstoffbasiert Werkstoff Werkstoff Wettbewerb Wettbewerb Wirtschaft Wirtschaft
Mehr erfahren
Kurt Satzinger
25.04.2024

Neuer Forschungschef der voestalpine

Kurt Satzinger folgt auf den langjährigen voestalpine-Forschungsleiter Franz Androsch, der sich in den Ruhestand verabschiedet.

Automobil Bund Energie Entwicklung Essen EU Forschung Gesellschaft ING Innovation Karriere Unternehmen USA Voestalpine Voestalpine AG Werkstoff Wirtschaft
Mehr erfahren
Ruhr Tech Campus
25.04.2024

thyssenkrupp Schulte reagiert auf Marktentwicklungen

Das Werkstoffhandelsunternehmen thyssenkrupp Schulte führt eine strategische Neuausrichtung seines Geschäftsmodells durch, um seine Marktposition zu festigen und weiter a...

Anpassung Deutschland Edelstahl Entwicklung Essen EU Flachprodukte Handel Industrie ING Marktbedingungen Profile Rohre Service Stahl Strategie Thyssenkrupp Materials Services Transformation Unternehmen Werkstoff Werkstoffe Werkstoffhandel Wirtschaft
Mehr erfahren