Unternehmen News
Bis zu 10 Metern Durchmesser und 1.500 Tonnen Gewicht: Wissenschaftler und Dillinger wollen gemeinsam maßgeschneiderte neue Stahlsorten für die riesigen Monopiles entwickeln und damit zur Senkung von Baukosten von Offshore-Windanlagen beitragen - Photo: Steelwind Nordenham
29.04.2021

Gemeinsames Forschungsprojekt

Wissenschaftler wollen mit Dillinger die Fundamentfertigung für Offshore-Windparks weiterentwickeln

Bei rund zehn Megawatt Leistung haben Windkraftanlagen auf offener See heute gewaltige Dimensionen. Ihr gigantisches Maschinenhaus mit Generator, Rotor und über hundert Meter langen Rotorblättern steht auf einem Stahlturm. Dieser wiederum ruht im Meer auf kolossalen Stahlrohren, den sogenannten Monopiles, mit aktuell bis zu zehn Metern Durchmesser und 1.500 Tonnen Gewicht. Damit diese für viele Jahre den Stürmen, Wellen und aggressivem Salzwasser trotzen und dennoch wirtschaftlich hergestellt werden können, wollen Materialforscher der Universität des Saarlandes und Maschinenbauer der RWTH Aachen gemeinsam mit dem Stahlspezialisten Dillinger und weiteren Firmen maßgeschneiderte neue Stahlsorten entwickeln. Das Forschungsprojekt wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit 1,2 Millionen Euro gefördert.

Um die riesigen Stahlrohre für Offshore-Windparks anzufertigen, werden Grobbleche benötigt, wie sie das Stahlunternehmen Dillinger im Saarland herstellt. Die Bleche mit einer Wandstärke von etwa zehn Zentimetern werden zu Rohrstücken mit Durchmessern von bis zu zehn Metern zusammengeschweißt und dann bis zu einer Länge von über 80 Metern Stück für Stück durch weitere Schweißnähte miteinander verbunden. „Der Knackpunkt bei diesem Verfahren ist die enorme Hitze, die kurzzeitig an der Schweißnaht auf den Stahl einwirkt und das innere Gefüge des Materials verändert. Je dicker die Grobbleche sind und je schneller sie unter Produktionsbedingungen verschweißt werden, umso drastischer können Abweichungen im Gefüge rund um die Schweißnähte sein“, erklärt Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe der Universität des Saarlandes.

Der Materialforscher hat mit seinem Team spezielle Analysetechniken entwickelt, mit denen man alle Veränderungen dieser inneren Struktur von Materialien quantitativ darstellen kann. Dafür setzt der Wissenschaftler hochauflösende Elektronen- und Ionenmikroskope bis hin zur Nano-Tomographie und Atomsonden-Tomographie ein. Die dabei erfassten Informationen und Bildserien auf verschiedenen Größenskalen werden anschließend im Computer wieder zum exakten räumlichen Abbild des Stahlgefüges zusammengefügt – bis hin zum einzelnen Atom.

„Wir erkennen dadurch auf der Mikro- und Nanoebene sowie der atomaren Skala, an welcher Stellschraube man drehen muss, um einen Werkstoff so zu verändern, dass er die gewünschten Eigenschaften erhält“, erläutert Frank Mücklich, der auch das Steinbeis-Forschungszentrum für Werkstofftechnik auf dem Saarbrücker Uni-Campus leitet.

Gemeinsam mit den Monopile-Produzenten EEW Special Pipe Constructions, Sif Group und dem Schweißzusatz- und Stromquellenhersteller Lincoln Electric arbeiten die Projektpartner nun daran, den Stahl der Grobbleche für die Schweißverfahren beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen weiter zu optimieren.

„Dillinger hat in den letzten Jahren zukunftsweisende Investitionen getätigt und Innovationen vorangetrieben, um die Bleche für den anspruchsvollen Monopile-Markt weiter zu entwickeln“, erläutert der promovierte Materialwissenschaftler und Schweißfachingenieur Sebastian Scholl von Dillinger.

Damit habe Dillinger bereits deutlich die Produktivität steigern können und zu einer Senkung von Baukosten für Offshore Windanlagen beigetragen. Hierbei sei wichtig, so Scholl, auch die Effizienz der Weiterverarbeitung, also die maximal ertragbare Schweißgeschwindigkeit der Stahlgüten von Dillinger weiter zu erhöhen. Dabei spielen moderne Schweißverfahren für Grobbleche, etwa das Mehrdraht-Unterpulverschweißen oder das Elektronenstrahlschweißen, eine zentrale Rolle.

„Der nächste wichtige Schritt wird sein, die Fertigungszeit zu reduzieren. Dies kann durch Hochleistungsschweißverfahren erreicht werden. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir daher in diesem Forschungsprojekt einen Stahl entwickeln, der diese hohen Anforderungen erfüllt“, sagt Scholl.

Diesem stimmt Professor Uwe Reisgen, Leiter des RWTH-Instituts für Schweißtechnik und Fügetechnik, zu: „Solch enorme Stahlkonstruktionen sind ohne Schweißtechnik völlig undenkbar. Wir brauchen für die riesigen Stückzahlen sowohl hocheffiziente Schweißverfahren als auch maßgeschneiderte Werkstoffe. Sie müssen sich mit den Hochleistungsschweißverfahren ohne Verlust ihrer mechanisch-technologischen Eigenschaften gut verarbeiten lassen. Ich bin sehr erfreut, dass ein hochkompetentes Stahlunternehmen wie Dillinger diesen Weg gemeinsam mit uns beschreiten möchte.“

Im Rahmen des Energieforschungsprogramms „Innovationen für die Energiewende“ fördert das Bundeswirtschaftsministerium das Verbundprojekt mit 1,2 Millionen Euro. Insgesamt hat das Forschungsprojekt ein Finanzvolumen von mehr als 1,9 Millionen Euro.

„Wir wollen damit nicht nur dazu beitragen, dass die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden, sondern auch, dass Produktionsstandorte in Deutschland und Europa gesichert werden“, erläutert Materialforscher Frank Mücklich.

(Quelle: SHS – Stahl-Holding-Saar GmbH & Co. KGaA )

 

 

Schlagworte

DillingerRWTH AachenSHS – Stahl-Holding-Saar GmbH & Co. KGaASteelwind NordenhamUniversiät des Saarlandes

Verwandte Artikel

Auditorium
22.04.2024

INNOVATIONSTAG 2024

Die Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS und die FOSTA - Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. haben am 10. und 11. April den Innova...

Additive Fertigung Düsseldorf DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V.) Energie Energiewende Ergebnis EU EWM Forschung Forschungsprojekt Fosta Industrie ING Kooperation Leuchten Nachhaltigkeit Produktion RWTH RWTH Aachen Schweißen Stahl Stahl-Zentrum Stahlanwendung Studie Technik Veranstaltung Wasserstoff Wasserstofftechnologie Wirtschaft
Mehr erfahren
18.04.2024

Saarstahl und Dillinger präsentieren neue Markenauftritte

Die Traditionsmarken Dillinger und Saarstahl präsentieren sich ab dem 18.04.2024 in einem neuen Look. Das neue Design unterstreicht die Ambition der Unternehmen, auch nac...

Dekarbonisierung Dillinger Entwicklung Essen EU Gesellschaft Industrie ING Partnerschaft Saarstahl AG SHS Stahl Stahlindustrie Transformation Unternehmen Vertrieb
Mehr erfahren
Die einzelnen Monopiles, die Steelwind Nordenham für den Offshore-Windpark liefert, haben eine Länge von je 70 Metern, einen Durchmesser von 9,2 m und ein Gewicht von bis zu 1.300 t
12.04.2024

EnBW liefert Strom aus Offshore-Windpark an SHS

Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) und die SHS -Stahl Holding Saar GmbH & Co. KGaA (SHS) haben einen langfristigen 50Megawatt (MW)-Strombezugsvertrag (PPA) mit...

Blech Bleche CO2 Dillinger DSV Emissionen Energie Energiewende EU Grobblech Hochofen Industrie ING Lieferung Messe Offshore Saarstahl SHS Stahl Stahlherstellung Steelwind Nordenham Strategie Transformation Transformationsprozess Unternehmen USA Windpark Zusammenarbeit
Mehr erfahren
11.04.2024

Gemeinsame Vertragsunterzeichnung für Wasserstoffhochlauf

Zur Förderung der Wasserstoffwirtschaft haben die Unternehmen Creos Deutschland Wasserstoff GmbH, GRTgaz SA aus Frankreich und die ROGESA Roheisengesellschaft Saar mbH, t...

Anlagen Bund CO2 Creos Deutschland Creos Deutschland GmbH Dekarbonisierung Deutschland Dillinger DSV Essen EU Förderung Frankreich Gesellschaft GRTgaz Hüttenwerk Inbetriebnahme Industrie ING Investition Klima Kooperation Neubau Presse Produktion Roheisen Saarland Saarstahl Saarstahl AG SHS Stahl Stahlproduktion Stahlunternehmen Transformation Transport Umwelt Unternehmen Wasserstoff Wirtschaft
Mehr erfahren
Hochofen 5 Rogesa, Dillinger Hüttenwerke. Die Technik wird schrittweise abgelöst.
02.04.2024

SHS beginnt Ausschreibung der Wasserstoffversorgung

Die SHS - Stahl-Holding-Saar (SHS) gibt den offiziellen Start eines geschlossenen Ausschreibungsverfahrens zur Beschaffung von bis zu 50.000 t lokal produziertem grünem W...

Anlagen CO2 Dekarbonisierung Dillinger Direktreduktion Elektrolichtbogenofen Emissionen Essen EU Gesellschaft IBU Inbetriebnahme Industrie ING Klima Lichtbogenofen Produktion Roheisen Saarland Saarstahl Saarstahl AG Stahl Stahlindustrie Stahlproduktion Stahlunternehmen Transformation Unternehmen Wasserstoff Wirtschaft
Mehr erfahren